Der Rothirsch: ein stolzer Waldbewohner

Der Rothirsch gehört zur Familie der Cerviden. Vor 100‘000 – 200‘000 Jahren entwickelte sich der Rothirsch in Asien und machte sich während der letzten Eiszeit auf seinen Weg nach Westeuropa. Den Menschen der Jungsteinzeit diente der Rothirsch als wichtiger Nahrungs- und Rohstofflieferant. Sie nutzten seine Haut für Kleider, die Geweihe für Werkzeuge, und Zähne und Knochen wurden zu Schmuck verarbeitet. Im Laufe der Jahrhunderte schränkte sich sein Lebensraum immer mehr ein. Dies und die starke Bejagung sowie in der Neuzeit zunehmend effizientere Waffen führten dazu, dass der Rothirsch Mitte des 19. Jahrhunderts in der Schweiz ausgestorben war. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wanderten Rothirsche im Kanton Graubünden ein, bis Mitte des 20. Jahrhunderts verbreiteten sie sich in der ganzen Schweiz. Heute herrscht vielerorts eine Überpopulation, welche zu grossen Schäden in einzelnen Wäldern, zum Beispiel im Aletschwald, führt.

Rothirsche sind soziale Tiere und leben in Rudeln. Kühe und Kälber bilden sogenannte Kahlwildrudel, die von einem Leittier angeführt werden. Junge Stiere sondern sich ab und bilden eigene Trupps, alte Männchen leben als Einzelgänger. Die Hirschkühe bringen nach einer Tragzeit von 34 Wochen ihre Kälber zur Welt. Die neugeborenen Kälber können schon nach wenigen Stunden stehen und dem Muttertier langsam folgen.
Rothirsche ernähren sich von Kräutern, Gräsern, Knospen und Triebe von Bäumen, sowie von Wildfrüchten und Beeren. Wichtig ist, dass sie sich ungestört zurückziehen können und Wasser zum Trinken und Suhlen finden.

Im September gesellen sich die Stiere zu den Weibchen, anfangs Oktober findet die Paarungs- oder Brunftzeit statt und das imposante Röhren der Hirsche tönt durch die Wälder.
Gerade in der Brunftzeit spielt das Geweih der Stiere eine wichtige Rolle: Es dient dem Rothirsch als Turnierwaffe und zur Verteidigung, während der Brunft aber in erster Linie zum Imponieren. Je älter ein Hirsch ist, desto grösser sein Geweih, denn Junghirsche brauchen ihre Energie noch für das Körperwachstum.

Rothirsche ziehen umher: alle wichtigen Orte innerhalb ihres Lebensraumes sind durch ein Netz von Wegen miteinander verbunden. Diese sogenannten Wechsel werden mit Duftstoffen markiert und von den Rothirschen immer wieder begangen. Dadurch werden die Routen als Traditionen an die nächste Generation weiter gegeben. Diese Wanderungen zwischen Tages- und Nachteinständen, aber auch zwischen Winter- und Sommereinständen sind ein typisches Verhalten der Rothirsche. Leider werden vielerorts in der Schweiz solche Wildtierkorridore durch Strassen, Zuglinien und Bauten zerschnitten.

Quelle: Pro Natura Zentrum Aletsch
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